Die Frage

8 Männer und 7 Frauen kaufen unabhängig voneinander Karten in derselben Reihe im Theater. Wie viele nebeneinandersitzende Mann-Frau- oder Frau-Mann-Paare erwartet man am Abend der Vorstellung in dieser Reihe?

Die Antwort …

… auf diese Frage hat mehrere Ebenen. Die einfachste davon ist die nach dem Mittelwert — also nach der Anzahl von Paaren, die bei häufiger Wiederholung dieses Experiments im Durchschnitt auftritt. Auf den ersten beiden Plätzen der Reihe sitzen Mann-Frau oder Frau-Mann mit der Wahrscheinlichkeit \[\frac{8}{15}\cdot\frac{7}{14}+\frac{7}{15}\cdot\frac{8}{14}\;=\;\frac{8}{15}\] nebeneinander. Man erwartet also \(\frac{8}{15}\) Paare auf den ersten beiden Plätzen. Dieselbe Anzahl Paare erwartet man natürlich auch auf allen anderen benachbarten Plätzen, und davon gibt es bei 15 Leuten insgesamt 14 verschiedene. Daher erwartet man im Mittel \[14\cdot\frac{8}{15}\;\approx\;7,46\] Mann-Frau oder Frau-Mann Paare in der besagten Theaterreihe.

Außerdem läßt sich feststellen, dass nur zwei Anordnungen existieren, MMMMMMMMFFFFFFF und FFFFFFFMMMMMMMM, in denen lediglich ein Paar nebeneinandersitzt. In allen anderen Reihenfolgen gibt es mehrere Paare.

Das Maximum von 14 Paaren erreicht die Anordnung MFMFMFMFMFMFMFM. Da es sich dabei aber nur um eine unter \[\frac{15!}{8!\cdot{}7!}\;=\;6\,435\] möglichen Reihenfolgen der 8 Männer und 7 Frauen handelt, tritt dieser Fall selten auf.

Allgemeinen kann jede Anordnung dadurch vereinfacht werden, dass alle belanglosen Mann-Mann und Frau-Frau Paare zu jeweils einer Person zusammengefasst werden. Dadurch zeigt sich, dass scheinbar verschiedene Anordnungen in Wahrheit nur eine Variation desselben Musters sind. Zur Illustration sind im folgenden alle 2-Paar-Kombinationen von 5 Männer und 4 Frauen angegeben:

MMMMFFFFM MFM
MMMFFFFMM MFM
MMFFFFMMM MFM
MFFFFMMMM MFM
FMMMMMFFF FMF
FFMMMMMFF FMF
FFFMMMMMF FMF

Alle möglichen Anordnungen mit 2-Paaren lassen sich also auf zwei Muster reduzieren: MFM und FMF. Genauso lassen sich die Lösungen für andere Anzahlen von Paaren stark vereinfachen:

Paare vereinfachte Lösungen
1 MF, FM
2 MFM, FMF
3 MFMF, FMFM
4 MFMFM, FMFMF
5 MFMFMF, FMFMFM
6 MFMFMFM, FMFMFMF
7 MFMFMFMF, FMFMFMFM
8 MFMFMFMFM

In einer Anordnung entstehen jedesmal 2 Paare, wenn eine Frau zwischen zwei Männern sitzt (oder ein Mann zwischen zwei Frauen). Ein einzelnes Paar kann hingegen nur am Rand entstehen. Sitzen an den Außenpositionen jeweils zwei Männer oder zwei Frauen, dann ist die Anzahl der entstehenden Paare gerade. Sitzen an den Außenpositionen aber jeweils ein Mann und eine Frau, dann entsteht eine ungerade Anzahl von Paaren.

Eine beliebige Anordnung von \(m\) Männern und \(n\) Frauen mit \(k\) Paaren läßt sich wie folgt erzeugen. Wenn \(k=2i+1\) ungerade ist, dann sitzen auf den beiden Außenplätzen Personen mit verschiedenem Geschlecht. Für diese Sitze gibt es also nur 2 Möglichkeiten. Darüber hinaus werden die Plätze besetzt, indem man aus den \(m-1\) möglichen Sitzen zwischen den Männern genau \(i\) auswählt, auf denen Frauen sitzen müssen (um \(2i+1=k\) Paare zu erzeugen). Aus Perspektive der Frauen findet gleichzeitig derselbe Vorgang statt. Wir wählen aus den \(n-1\) möglichen Plätzen zwischen den Frauen genau \(i\) aus, auf denen Männer sitzen müssen (um \(2i+1=k\) Paare zu erzeugen). Die Anzahl aller Anordnungen mit \(k\) Paaren ist die Vereinigung (das Produkt) beider Möglichkeiten:

\[2\,\binom{m-1}{i}\,\binom{n-1}{i}.\]

Für gerade \(k=2i\) sind zwei Fälle zu unterscheiden. Einmal sitzen auf den beiden Außenpositionen zwei Männer. Es sind also aus \(m-1\) möglichen Sitzen zwischen den Männern genau \(i\) mit Frauen zu besetzen. Aus den \(n-1\) möglichen Plätzen zwischen den Frauen sind aber nur \(i-1\) für Männer zu vergeben, denn 2 Männer sind fest für die Außenpositionen eingeplant. Im anderen Fall sitzen Frauen auf den Außenpositionen: dann sind aus \(n-1\) möglichen Plätzen zwischen den Frauen \(i\) mit Männer besetzt, von den \(m-1\) Plätzen zwischen den Männern aber nur \(i-1\) mit Frauen. Es gibt somit insgesamt \[\binom{m-1}{i}\,\binom{n-1}{i-1}+\binom{m-1}{i-1}\,\binom{n-1}{i}\] mögliche Anordnungen.

Als Schmankerl erhält man aus diesen Überlegungen sogar noch eine überraschende Gleichung. Die Wahrscheinlichkeit dafür, dass eine bestimmte Anzahl von Paaren entsteht, gleicht dem Verhältnis von günstigen Anordnungen zu möglichen Anordnungen, und diese Informationen sind uns inzwischen bekannt. Weiterhin ist der Erwartungswert definiert als Summe aller möglichen Anzahlen von Paaren jeweils gewichtet mit der Wahrscheinlichkeit, dass diese konkrete Anzahl von Paaren auftritt:

\[\sum\limits_{k=0}^\infty \,k\,p(X=k).\]

Auf unseren konkreten Fall angewendet ist diese Summe sehr beeindruckend (siehe weiter unten). Das Ergebnis dieser Summe — der Erwartungswert — ist uns jedoch bereits bekannt, nämlich \[(m+n-1)\,\left(\frac{m}{n+m}\,\frac{n}{n+m-1}+\frac{n}{n+m}\,\frac{m}{n+m-1}\right).\]

Daher wissen wir, dass diese komplizierte Summe am Ende nichts anderes bedeutet als \(\frac{2mn}{n+m}\). Sollte es einem der geneigten Leser gelingen, diese Gleichung algebraisch herzuleiten, dann würde ich mich freuen, wenn er oder sie sich die Zeit nähme, mir den Beweis mitzuteilen.

\[\sum\limits_{i=0}^{\left\lfloor{\frac{m+n-1}{2}}\right\rfloor}\frac{(2i+1)\left(2\,\binom{m-1}{i}\,\binom{n-1}{i}\right)+2i\left(\binom{m-1}{i}\,\binom{n-1}{i-1}+\binom{m-1}{i-1}\,\binom{n-1}{i}\right)}{\frac{(m+n)!}{m!\,n!}}\;=\;{\frac{2\,m\,n}{n+m}}\]